Genealogie der reellen Gedancken eines Gottes-Gelehrten
Die Autobiographie des wurttembergischen Theologen Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782) macht nicht den Eindruck, im behaglichen Lehnstuhl entstanden zu sein, sondern gibt sich und der Welt Rechenschaft. Von seinen Zeitgenossen oft missverstanden, hofft er auf das Verstandnis kunftiger Generationen.Das geschieht ohne Pathos, er beschimpft seine Gegner nicht. Aber seine Betroffenheit spurt man, etwa wenn es um seine Kritik an der Philosophie und Theologie der Aufklarung geht, um das Verhaltnis zum radikalen Pietismus, um seine alchemistischen Versuche oder die Stellung zu Swedenborg. Auch Oetingers freundschaftliche und dann doch hochst kontrare Begegnungen mit Zinzendorf durchziehen weite Teile der Selbstbiographie. Oetingers Ruckbesinnung fuhrt nicht einfach durch sein ausseres Leben, sondern auch zu der zentralen Erkenntnis: Die von Gott geschaffene Natur dient als Verstehenshilfe fur die Heilige Schrift. Wer in beiden lese, komme zu einem Gesamtsystem der Wahrheit, der »Heiligen Philosophie«.In dieser Ausgabe wird die Selbstbiographie aus der Handschrift neu ediert, ausfuhrlich erlautert und in den Zusammenhang ihrer Zeit gestellt, erganzt durch einen Uberblick zur Druckgeschichte des Werkes.