Ritual, Opfer und der Einbruch des Tatsächlichen in Hofmannsthals "Elektra"
Studienarbeit aus dem Jahr 1997 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1, Rheinisch-Westfalische Technische Hochschule Aachen, 77 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Was die drei weiblichen Figuren, die Hofmannsthal als "Schattierungen eines intensiven und unheimlichen Farbtons" (Hofmannsthal an Hladny) empfunden hat, vereint, sind ihre gemeinsamen Erfahrungen mit dem Scheitern. Dieses Scheitern manifestiert sich in der je fur die Figur eigentumlichen Weise an den Bruchstellen des Stucks - an Stellen, die ich "Einbruche des Tatsachlichen" nennen mochte. Der erste Einbruch des Tatsachlichen, der Mord an Agamemnon, liegt in der Vergangenheit. Er hallt nach durch den ganzen ersten Teil des Dramas, und in dem Nachhall scheint die dramatische Zeit gefroren. So lange ist die Tat bereits her, da die Gegenwart wie eine mythische, zeitlose Gegenwart wirkt, ebenso wie der Mord in mythischer Vorzeit geschehen zu sein scheint. In diese zirkelhafte Situation bricht nun zuerst der Traum Klytamnestras von Orest ein, mit der Folge, da sie droht, Elektra einzusperren; dann trifft die Botschaft von Orests Tod ein. Eine Entscheidung wird von Klytamnestra zuerst forciert, dann scheint sie von auen zu kommen. Gleichsam unter Laborbedingungen werden die Reaktionen der Figuren gezeigt, wenn das lange von einer Seite Gehoffte, von der anderen Befurchtete endlich eingetreten ist. Dabei beruht dieser vermeintliche Einbruch des Tatsachlichen, diese Erlosung von der Illusion, selbst auf einer Tauschung! Und hier zeigt sich ein wichtiger Aspekt des Scheiterns in Elektra: Wo Wirklichkeit gegenuber mythischer Befangenheit hergestellt und die Lebenszeit wieder in Flu gebracht werden soll, da versickert diese Absicht im grundlosen Schein der Tauschung. Fur den Autor selbst mu das Stuck als Versuch personlicher Krisenbewaltigung gelten. Elektra ist, "in unmittelbarer Nachbarschaft zum Chandosbrief, Ausdruck der bewegendsten Fragen Hofmannsthals" (