Nostalgie und Gesellschaftskritik in den Filmen Aki Kaurismäkis

By Lilli Karina Holthoefer

Nostalgie und Gesellschaftskritik in den Filmen Aki Kaurismäkis
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Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Film und Fernsehen, Note: 1,3, Universität der Künste Berlin, 205 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Aki Kaurismäki scheint als Regisseur finnischer Herkunft besonders geeignet zu sein, den schnellen Wertewandel in den europäischen Gesellschaften zu dokumentieren und zu kommentieren. Finnland mit seiner noch weitgehend von agrarischen Strukturen bestimmten Gesellschaft fand innerhalb weniger Jahrzehnte Anschluss an das globalisierte Medienzeitalter, während dies in anderen Ländern viel langsamer vonstatten ging. Kaurismäki hat die nötige Sensibilität und das künstlerische Vermögen, um die Problematik eines solchen rasanten Wandels aufzuspüren und exemplarisch zu bearbeiten. Er begreift sich als Wahrer finnischer und filmhistorischer Traditionen und Mythen, begnügt sich aber nicht mit einem nur verklärenden Blick auf die alten Zeiten. Das raue Leben, Verlust, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit, Gewalt, finanzielle Probleme und das Aufspüren sozialer Trennlinien sind wiederkehrende Themen in seinen Filmen, ebenso aber auch positive Werte wie Solidarität, Freundschaft und Liebe. Kaurismäki fühlt sich seinen sozialen und historischen Wurzeln sehr verbunden. Er zeigt immer wieder Situationen, die zunächst „typisch finnisch“ sind, sich jedoch ohne Weiteres auf andere Länder übertragen lassen: Paare beispielsweise, die sich in Sprachlosigkeit gegenüber sitzen, Freundschaften, die erst nach exzessivem Alkoholkonsum entstehen. Die Verzweiflung beim Verlust des Arbeitsplatzes, die Suche nach einer verlorenen Identität, Einsamkeit, Isolation und Armut sind in jedem Land denkbar. Die Ohnmacht Einzelner gegenüber Großbanken bzw. dem Großkapital im Zuge der Globalisierung wird an Einzelschicksalen veranschaulicht und spürbar gemacht. Er zeigt in einigen seiner Arbeiten, wie durch Eigeninitiative versucht wird, etwas an den Zuständen zu verändern. Ob dies wirklich langfristig gelingt, bleibt offen. Seine Arbeitertrilogien geben nicht immer Hoffnung auf Änderung der Zustände, zeigen aber zumindest, wenn auch oft auf dramatische Weise, Handlungsmöglichkeiten für die Protagonisten auf. Es scheint ihm sehr wichtig zu sein, dass die Personen ihre Würde wahren bzw. wiedererlangen, d.h. der Mensch darf offensichtlich nicht nur als Ware Arbeitskraft gesehen werden, er hat gleichzeitig auch das Recht auf Arbeit und angemessenen Lohn. Kaurismäki interessiert die Frage, was mit Menschen passiert, wenn ihnen all das genommen wird. Er stellt immer wieder das Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Kälte und individueller Glückssuche dar.

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